Bereits im Juni 2021 hat der deutsche Gesetzgeber zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie das deutsche Verpackungsgesetz überarbeitet. Während viele der neuen Regelungen bereits seit Juli 2021, respektive Januar 2022, anwendbar waren, sind nun zum 01. Juli 2022 die letzten Änderungen des neuen Verpackungsgesetzes in Kraft getreten. Dies bringt auch für Logistikdienstleister Änderungen mit sich.

Bin ich betroffen? – Was ist ein Fulfillment-Dienstleister?

Ob ein Logistikdienstleister von den Änderungen betroffen ist, hängt davon ab, ob er als Fulfillment-Dienstleister im Sinne des Verpackungsgesetzes anzusehen ist. Das Gesetz definiert diesen Begriff wie folgt:

„Fulfillment-Dienstleister ist jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen für Vertreiber im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet: Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren und Versand von Waren, an denen sie kein Eigentumsrecht hat. Post-, Paketzustell- oder sonstige Frachtverkehrsdienstleister gelten nicht als Fulfillment-Dienstleister.“

Der Begriff geht auf die EU-Marktüberwachungsverordnung zurück. Der Gesetzgeber hatte damit eigentlich eine bestimmte Art von Dienstleister vor Augen. Er wollte insbesondere Dienstleister treffen, die für in Asien ansässige und ihre Produkte über das Internet vertreibende Hersteller in Europe Produkte lagern, bei Bestellung verpacken und an den Kunden – insbesondere im B2C-Geschäft – senden. Ähnlich hat der Gesetzgeber bereits im Juli 2021 eine relativ wenig beachtete Änderung im Produktsicherheitsgesetz vorgenommen. Nach § 6 Abs. 6 Produktsicherheitsgesetz müssen Fulfillment-Dienstleister dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte an Verbraucher:innen gelangen. Der Fulfillment-Dienstleister darf insbesondere kein Verbraucherprodukt weitergeben, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht sicher ist.

Die Definition des Fulfillment-Dienstleisters – im Produktsicherheitsgesetz und Verpackungsgesetz identisch – ist aber viel umfassender und erfasst nicht nur Dienstleister im Bereich B2C. Es genügt, dass ein Logistikdienstleister bereits zwei der vier genannten Tätigkeiten

  • Lagerhaltung,
  • Verpacken,
  • Adressieren und
  • Versand von Waren

erbringt, um als Fulfillment-Dienstleister zu gelten. Es spielt dabei keine Rolle ob der Dienstleister im B2B- oder B2C-Bereich tätig ist. Ausgenommen sind lediglich Post-, Paketzustell- und sonstige Frachtverkehrsdienstleister.

Damit müssen schon Logistikunternehmen, die für ihre Kunden „nur“ Güter lagern und diese zum Weitertransport – egal ob zum privaten Endkunden oder zu Händlern/Ladengeschäften – verpacken oder labeln die Pflichten des Verpackungsgesetz für Fulfillment-Dienstleister beachten.

Was ändert sich ab 01. Juli 2022 für Fulfillment-Dienstleister?

a) Änderung hinsichtlich sog. systembeteiligungspflichtiger Verpackungen

Nach dem neuen § 7 Abs. 7 Verpackungsgesetz darf ein Fulfillment-Dienstleister keine der ihn definierenden Leistungen (Lagerung, Verpacken, Adressieren, Versand) in Bezug auf systembeteiligungspflichtige Verpackungen ausführen, wenn sich der Hersteller dieser Verpackungen nicht an einem Rücknahmesystem nach § 7 Abs. 1 Verpackungsgesetz beteiligt.

Systembeteiligungspflichte Verpackungen sind dabei solche Verpackungen, die nach Gebrauch typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen. Reine Transportverpackungen die im B2B-Geschäft eingesetzt werden, fallen daher z.B. nicht darunter.

Als Erleichterung ist anzusehen, dass wenn ein Fulfillment-Dienstleister systembeteiligungspflichte Verpackungen mit Waren befüllt, er seit dem 01. Juli 2022 nicht mehr als Hersteller dieser Verpackungen gilt. Dies ist nun der Vertreiber der Ware – damit regelmäßig der Kunde des Logistikdienstleister – der sich an dem Rücknahmesystem beteiligen muss.

b) Änderungen hinsichtlich sonstiger Verpackungen

Während das Tätigkeitsverbot des neuen § 7 Abs. 7 Verpackungsgesetz nur solche Logistikdienstleister trifft, die für Ihre Kunden systembeteiligungspflichte Verpackungen abwickeln, hat eine weitere Neuerung im Verpackungsgesetz einen größeren Anwendungsbereich. Nach dem neuen § 9 Abs. 5 Verpackungsgesetz darf ein Fulfillment-Dienstleister keine der ihn definierenden Leistungen (Lagerung, Verpacken, Adressieren, Versand) in Bezug auf Verpackungen ausführen, wenn sich der Hersteller dieser Verpackungen nicht nach § 9 Abs. 1 Verpackungsgesetz bei dem zentralen Verpackungsregister LUCID registriert hat.

Diese Regelung gilt für alle Arten von Verpackungen, insbesondere auch Transportverpackungen. So wie die Registrierungspflicht nach § 9 Abs. 1 Verpackungsgesetz erheblich ausgeweitet wurde, erfasst auch § 9 Abs. 5 Verpackungsgesetz wohl jeden Logistikdienstleister, der für seine Kunden gelagerte Ware zum Transport vom Lager weg in (Transport-)Verpackungen verpackt.

c) Was passiert bei Verstößen?

Verstöße gegen die vorstehend genannten Pflichten von Fulfillment-Dienstleistern können mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 EUR geahndet werden. Bußgelder könnten auch einen Verlust an Goodwill des Unternehmens wegen des damit dokumentierten Verstoßes gegen Normen zum Schutz der Umwelt mit sich bringen.

Was ist zu tun?

Logistikdienstleister, die als Fulfillment-Dienstleister im Sinne des Verpackungsgesetzes gelten, sollten auf die neuen Anforderungen reagieren, insbesondere wenn Verpackungen – wie häufig – durch den Kunden beigestellt werden.

Der Logistikdienstleister sollte seinen Kunden vertraglich verpflichten und dies auch nachhalten, spätestens zur Aufnahme der Tätigkeit – bei bestehenden Verträgen unverzüglich – die Registrierung im zentralen Verpackungsregister LUCID nachzuweisen. Werden für den Kunden zusätzlich systembeteiligungspflichte Verpackungen behandelt, sollte der Kunde auch die Beteiligung an einem Rücknahmesystem nachweisen.

Sollte der Kunde diese Nachweise nicht erbringen, oder sich etwas daran ändern, müsste der Logistikdienstleistungsvertrag ggf. gekündigt werden, damit der Dienstleister nicht gegen seine Pflichten aus dem Verpackungsgesetz verstößt. Auch hierzu können vertragliche Regelungen vereinbart werden.

Dr. Michael Heil

Rechtsanwalt | Notar